Einer Zunftrolle aus dem Jahr 1623 zufolge, wurde die Parchimer Schützengilde im Jahr 1410 mit Consens des Rates der Stadt Parchim „konfirmiert“, also bestätigt und gegründet.
Der Ausdruck Gilde war allgemein üblich für den Zusammenschluss von Personen zur Wahrung gemeinsamer Interessen auf verschiedenen Gebieten. Die Bruderschaften im katholischen Raum, auch oft Gilden genannt, waren kirchlich errichtete Vereine zur Förderung der Frömmigkeit und der Wohltätigkeit (Caritas). Sie waren auf das Seelenheil ihrer Mitglieder bedacht und sorgten für die Beerdigung, für Seelenmessen und Memorien.
Im 14. Jahrhundert prägten Kriege, Fehden, Raubzüge, Überfälle und Epidemien diese unruhigen Zeiten. Das veranlasste die Menschen sich zu gegenseitiger Hilfe zusammenzuschließen.
Es gab in Parchim (laut Augustin) zwei Bruderschaften des Klerus und 13 Laienbruderschaften, auch als gemeine oder große Gilden bezeichnet. Darunter waren so genannte Herrenbruderschaften, Armengilden und Handwerkergilden, z.B. die Bruderschaft des Heiligen Petrus (Fischer – seit 1240), die Martinsgilde (Wollenweber – seit 1374), die St. Katharinengilde (Knochenhauer – seit 1374) und die Gilde der Jungfrau Maria (Schuhmacher – seit 1379). Die Jahreszahlen weisen auf die erste urkundliche Erwähnung hin, die Gilden können also schon länger bestanden haben. Die Vorsteher des Amtes oder des Gewerkes waren die Ältermänner (olderlude) oder Werkmeister, während die daneben vorhandenen Gildemeister für die Interessen der Gilde zuständig waren. Alle Gilden und Bruderschaften verloren nach der Reformation ihre Daseinsberechtigung, Allein die Gilde Corpus Christi, die sich auch Dreißiger oder Dreiunddreißiger Gilde nannte, passte sich der Zeit an und bewahrte ihre Funktion als Vereinigung im der Dienste der Gemeinschaft.
Alle größeren Städte umgaben sich im 13. und 14. Jahrhundert mit Stadtmauern, Türmen und Toren, um sich gegen feindliche Armeen, Raubritter oder sonstige Halunken zu schützen. Aber zu dieser Zeit war auch jeder Bürger in seiner Stadt zum Waffendienst und Beschaffung einer Rüstung, seinen Möglichkeiten entsprechend, verpflichtet. Neben Hieb- und Stichwaffen gehörten Helm, Schild, Armbrust, Brust- und Rückenpanzer zur Ausrüstung der Bürger. Vielfach war in den Amtsrollen der Handwerksämter vorgeschrieben, dass der angehende Meister seinen Amtsbrüdern seine Ausrüstung vorzeigen musste, bevor er ins Amt aufgenommen wurde.
Der Umgang mit der Armbrust, und später mit den Feuerwaffen, erforderte Geschicklichkeit und Übung. So entstanden im Mittelalter überall in den Städten Schützengilden, die sich dem besonderen Schutze ihrer Heimat verschrieben hatten. Sie fanden Förderung und Unterstützung bei den Räten der Städte.
In Parchim wurde die Schützengilde 1410 gegründet. Die älteste überlieferte Zunftrolle der Gilde stammt von 1623. Der Rat der Stadt, als Patron der Gilde, sollte vier Gildemeister und 2 Schaffer wählen. Aufnahme in die Gilde fanden nur Bürger mit eigenem Herd und nach erfolgter Bestätigung durch den Rat.
Am Himmelfahrtstage kamen alle Brüder auf dem Schießwall vor dem Kreuztor zusammen, „um sich dort zu bereden“. Das übliche Übungsschießen fand an den Sonntagen nach Trinitatis (von Pfingsten bis zum Totensonntag, also 20-24 Mal) statt. Auch von einem „silbernen Ehr- und Gewinnvogel“ ist in alten Unterlagen die Rede, der anlässlich eines Schützenfestes an den Sieger übergeben wurde. Nach Beendigung des Festes war der Vogel dem Rat zur Aufbewahrung bis zum nächsten Jahr zu übergeben, Nur demjenigen, der ihn drei Mal hintereinander erschießen würde, fiel er als Eigentum zu. (Der Rat konnte ihn aber mit drei Gulden auslösen.)
So wehrhaft, hat Parchim nicht nur die eigenen Mauern verteidigt:
1352 zogen die Bürger gegen die Ritter von Barner aus, plünderten das Dorf Lenschow und brannten es nieder.
Im 14. und 15. Jahrhundert unternahm Parchim häufig Vergeltungszügen gegen brandenburgische und märkische Räuber und Raubritter.
1397 unternahmen die Parchimer Bürger mit 1000 Mann und 4 Kanonen einen verheerenden Zug gegen Lenzen.
So verschwimmen die Grenzen zwischen ehrbarer Verteidigung und Kriegslust…
Im 18. Jahrhundert ebbte die Begeisterung für das Schützenwesen ab. Die gesellschaftlichen Bedingungen änderten sich, die Städte verloren ihre Freiheit, seit der Französischen Revolution von 1789 begegneten sich Bürger und Fürsten unter anderen Vorzeichen. Zwar wurde das gesamte Schützenwesen nach den Befreiungskriegen im 19. Jahrhundert wiederbelebt, doch jetzt unter den Bedingungen des bürgerlichen Vereinswesens. Es war etwas anderes als die städtische Selbstdarstellung und Wehrhaftigkeit in den Jahrhunderten zuvor: Aus Ernst wurde nun Spaß.
In Parchim unterbrach der 1. Weltkrieg die Aktivitäten der Schützengilde, aber 1934 zählte die Schützengilde bereits wieder 185 Mitglieder, fast ausschließlich Geschäftsleute, Handwerker, Gewerbetreibende und Ackerbürger der Stadt. Die Schützenfeste waren weiterhin Volksfeste für die ganze Bevölkerung. Im Buchholz entstand dann eine ganze Zeltstadt neben Karussell, kleinen Buden und Ständen.
Eine lange Unterbrechung fanden die Aktivitäten der Parchimer Schützengilde von 1939 bis 1945 und nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurde bis 1990 das Schießen ausschließlich durch die GST (Gesellschaft für Sport und Technik der DDR) weitergeführt und zur Heranbildung und Vorbereitung junger Männer auf das Soldatenleben in der NVA (Nationale Volksarmee) genutzt.
Dann, im November 1990 wurde die Tradition der Schützengilde in Parchim mit der Gründung der „Parchimer Schützengilde 1410 e.V.“ wieder aufgenommen.
Im Jahr 1995 entsteht der 25 m Pistolenstand, im Februar 2000 erfolgt die Grundsteinlegung für die neue Schießhalle, wie sie heute noch genutzt wird. 2002 wird das Vereinsgebäude umgebaut, mit fünf Bahnen inklusive Seilzuganlage für das Schießen mit Luftdruckwaffen.
Im März 2004 spendet die Fielmann AG der Schützengilde den bis dato unbekannten Pokal „Parchimer Willkomm 1670“, den Günther Fielmann im Dezember 2003 auf einer Auktion in Hannover ersteigern ließ. Das Zinngefäß wurde in Parchim von Hans Plagemann hergestellt, wie Stadtmarke und Meistermarke auf dem Fuß gut erkennen lassen.
Im Sommer 2004 wird die Außenschießanlage mit acht Schießbahnen in Betrieb genommen. Für den Bogensport entsteht eine Anlage mit drei Bahnen, auf der bis zu 40 Metern geschossen werden kann.
2010 taucht ein bis dato unbekannter Taktstock auf. Auch er ist der Parchimer Schützengilde 1410 gewidmet und wahrscheinlich anlässlich der 500 Jahr Feier an die Parchimer Schützengilde übergeben worden. Seine Inschrift lautet: „Andenken zum Jubiläum der Parchimer Schützengilde 1410 – 1910“. Die Übergabe an die heutige Parchimer Schützengilde 1410 e.V. erfolgte anlässlich der Feierstunde in der Stadthalle Parchim, am 20. August durch den Maler Wolfgang Skrotzki aus Parchim.
Aktuell zählen wir rund 120 Mitglieder, die in der Halle auf sechs 50-Meter-Bahnen Groß- und Kleinkaliber schießen können, eine Indoor-Luftdruckwaffen-Anlage mit fünf Bahnen, eine 50-Meter Kleinkaliber-Außenanlage mit XY Bahnen sowie vier Outdoor-Bahnen mit 40 Metern für den Bogensport.
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